Abfälle als Baumaterialien: Reisschalen


Landwirtschaftliche Abfälle, beispielsweise Reisschalen, können als Zusatzstoffe im Beton verwendet warden, wenn sie einen hohen Gehalt an amorphem Silica enthalten. Mit Calciumhydroxid reagieren sie zu festen Bestandteilen im Beton.


Reis ist nach Mais und Weizen eines der wichtigsten landwirtschaftlich abgebauten Lebensmittel. Insbesondere in Afrika, Südamerika und Südostasien zählt er aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen zu den wichtigsten Nahrungsquellen. Reis wird nach dem Abbau geschält; die Reisschalen sind außer als Brennmaterial nicht weiter nutzbar, da sie auch von Tieren nicht verwertet werden können.

Häufig werden die Reisschalen daher unkontrolliert verbrannt oder verrotten in der Natur.

Worum geht’s?


Um Zement einzusparen, können Zusatzstoffe mit festigkeitsbildenden Eigenschaften verwendet werden. Gängige Zusatzstoffe sind beispielsweise Flugaschen, Hüttensande und Silicastaub. Al-lerdings gibt es auch weniger konventionelle Zusatzstoffe. Hierzu zählen Reisschalenaschen (RHA). Werden die Schalen bei kontrollierten Temperaturen gebrannt und behandelt, entsteht amorphes Silica. Dies kann in vielen industriellen Anwendungen finden, beispielsweise auch als Zusatzstoff in Beton. So finden die verrottenden Reisschalen nicht nur eine Verwertung, sondern können auch den globalen CO2-Ausstoß in der Bauindustrie verringern, da sie einen Teil des Zements ersetzen können. Allerdings ist hierfür noch sehr viel Forschung notwendig, denn die Verbrennung, Mahlung und Verarbeitung der Reisschalen hat großen Einfluss auf deren Wirksamkeit.

Umwandlung der Reis- schalen in Reisschalen- aschen


Werden Reisschalen verbrannt, entstehen Reisschalenaschen (RHA). Organische Bestandteile warden während des Brennprozesses zersetzt. Mineralische Bestandteile oxidieren und bleiben als Asche zurück. Der Anteil und die Zusammensetzung der mineralischen Bestandteile sind abhängig von der Beschaffenheit der Reisschalen und somit auch von Bodenzusammensetzung, klimatischen Bedingungen und Behandlung beispielsweise mit Düngemittel. Darüber hinaus entscheiden besonders Brenntemperatur, Brenndauer und Abkühlprozess über die chemische Zusammensetzung der RHA.

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Von den Reisschalen bleibt ca. ein Fünftel an RHA zurück. Es ist daher wichtig zu sagen, dass insbesondere im Vergleich zu den Massen an Zementproduktion und benötigten Baustoffen RHA kein einzig verwendbares Massenprodukt ist, das die Betonindustrie revolutionieren kann. Allerdings ist es eine Möglichkeit, lokal verfügbare Abfallstoffe zu nutzen und so umzuwandeln, dass sie weiterverwendet werden können.

Die Verbrennung kann dabei kontrolliert im Labor oder in großem Produktionsmaßstab durchgeführt. In vielen Ländern ist jedoch keine kontrollierte Verbrennung möglich. Besonders, wenn Reisschalen zur Energieerzeugung genutzt werden, wird die temperature nicht gesteuert. Dies führt entweder zu einer zu geringen temperature, sodass zu viele organische und zu wenige mineralische Bestandteile in der Asche vorliegen. Bei zu hohen Temperaturen hingegen liegen die mineralischen Verbindungen bevorzugt kristallin und nicht amorph vor. Dann ist die Reaktion zu festigkeitsbildenden Phasen nur schwer möglich.

Die Forschung ist hier bereits sehr weit fortgeschritten. Nähere Informationen zu Brenntemperaturen der RHA sind in Kürze zusammengefasst hier zu finden.

Derzeitige Nutzbarkeit


Derzeit werden Reisschalen traditionell hauptsächlich als Brennmaterial genutzt, beispielsweise zum Kochen. Insbesondere bei der direkten Verbrennung, bei der die Reisschalen direkt entzündet werden, gibt es für die Nutzbarkeit als Baustoff einige Probleme: Es werden nicht die benötigten hohen Temperaturen zwischen 700 und 900 °C erreicht; die Aschen weisen außerdem sehr unterschiedliche Qualitäten auf. Da Baustoffe sehr streng genormt werden, sind unterschiedliche Qualitäten problematisch für die Anerkennung als Betonzusatzstoff. Darüber hinaus können Rauchgase bei der direkten verbrennung häufig nur sehr schlecht gefiltert werden. Daher stellt die direkte und traditionelle Verbrennung ein Luftverschmutzungsproblem dar: nicht nur für die Natur, sondern insbesondere für die Gesundheit der Menschen im direkten Umfeld¹.

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In industriellen Prozessen, beispielsweise in Thailand, werden die Reisschalen jedoch auch schon so verbrannt, dass sie die benötigte chemische Zusammensetzung aufweisen. Schon 1976 patentierte N. Pitt sich eine Anlage zur Verbrennung landwirtschaftlicher Abfälle, bei denen die Reisschalen kontrolliert in einem zweistufigen Verfahren verbrannt werden und die Rauchgase abgefiltert werden². Dass derartige Anlagen bisher weniger großindustriell genutzt werden, liegt an dem geringen wirtschaftlichen Ertrag. In Zeiten des Klimawandels und der ressourcenknappheit lohnt es sich jedoch, sowohl traditionelle Methoden und bereits entwickelte Verfahren näher zu betrachten und weiterzuentwickeln.

1 Hwang, C.; Chandra, S.(1997): The Use of Rice Husk Ash in Concrete.

2 Pitt, N. (1976): Process for the Preparation of Siliceous Ashes. Anmeldenr: 407,907. Veröffentlichungsnr: 3959007.

Aktuelle Forschung


In der aktuellen Forschung werden sowohl verschiedene Verbrennungsmethoden, Aufmahlmethoden und prozesstechnische Umsetzungen untersucht. Die Forschung ist dabei so umfangreich, dass hier nur kurz darauf eingegangen wird:

- Die optimale Brenntemperatur beträgt ca. zwischen 650 und 900°C. Je nach Zusammensetzung variiert die optimale Brenntemperatur. Außerdem gibt es Untersucungen zu ein- und zweistufigen Verbrennungsvorgängen (Zain et al.; 1). Das Brennmaterial dabei ist Öl. Je nach Brennmaterial kann die Temperatur mehr oder weniger exakt eingestellt werden. In einfachen Verfahren, auch ohne große Anlagen, können Reisschalen so relativ kontrolliert und homogen verbrannt werden.

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- Prozesstechnisch werden Verfahren analysiert, in denen wenig anderes Brennmaterial, sondern hauptsächlich die Reisschalen verbrannt werden.

- Der Abkühlprozess hat ebenfalls einen Einfluss auf die chemische Struktur der Mineralphasen in den Aschen. Entsprechend derAbkühlung kann auch eine poröse Oberfläche der Aschen entstehen, was sich negativ auf die Nutzbarkeit als Betonzusatzstoff auswirkt.

- Durch Aufmahlen der Aschen kann eine große reaktive Oberfläche erzeugt werden, sodass eine höhere Effektivität der RHA erzielt wird. Der Mahlvorgang kann dabei analog zu Zementmahlung beispielsweise in Kugelmühlen erfolgen.

Die aktuelle Forschung verläuft also zweigleisig: Wie kann man RHA mit hoher Qualität gut herstellen; und wie lassen sich RHA in relativ einfachen Umgebungen oder ländlichen Gebieten überall auf der Welt herstellen, damit die landwirtschaftlichen Reststoffe möglichst sinnvoll überall verwertet werden können?

1 Zain, M. F. M.; Islam, M. N.; Jamil, M. (2011): Production of rice husk ash for use in concrete as a supplementary cementitious material ; https://doi.org/10.1016/j.conbuildmat.2010.07.003